Per Schiff und Rad durch die Inselwelt Dalmatiens

 

Bereits bei Dunkelheit erreichen wir unser Schiff, die MS Mirabela, die im Hafen von Split liegt. Der Fahrer unseres Shuttles sieht sie nicht sofort, es sind viele Schiffe im Hafen, so dass sie manchmal zu dritt oder viert hintereinander liegen. Macht nichts – schliesslich kennt man sich hier und nach fünf Minuten entdeckt der Fahrer unser Begrüssungskomitee am Kai: die Crew der MS Mirabela.

Kapitän Stepe, Anna und Luka, die Geschwister des Eigners und Ivo vom Service empfangen unsere kleine Gruppe herzlich. Man bringt die Koffer auf die Kabinen und weist uns darauf hin, dass in zehn Minuten das Abendessen auf uns wartet. Der Magen knurrt bereits, denn es ist schon 22 Uhr. Dennoch muss man fast zwanghaft vorher noch schnell das Schiff erkunden, das für eine Woche unser kleines Zuhause sein wird. Der Blick vom Deck auf die Glitzerwelt des Hafens ist ein schöner erster Eindruck für unsere kleine Kreuzfahrt durch die Inselwelt Dalmatiens.

Die Nacht im Hafen von Split verläuft erstaunlich ruhig und lässt - ganz unerwartet - einige Stunden ruhigen Schlaf zu. Erst gegen Morgen brummen die Schiffsmotoren des Motorseglers. Wir sind auf dem Weg nach Brač.

 

Gestärkt vom Frühstück an Bord erreichen wir Supetar, wo die Mannschaft hilfsbereit unsere an Bord mitgeführten Pedelecs an Land bringt. Dario, unser Rad-Guide weist uns zunächst in die Bedienung unserer E-Bikes ein. Wer zum ersten Mal damit unterwegs ist merkt schnell: es ist nicht schwer und unterstützt doch unglaublich – und zwar immer dann, immer genau so viel, wie man selbst möchte und benötigt. Da macht selbst die eine oder andere längere Steigung bis nach Pučišća keine grossen Probleme.

Dario sorgt auch immer wieder für kleine Zwischenstopps in hübschen Orten wie Splitska und Postira und erzählt dabei, dass die Insel berühmt ist für den weissen Kalkstein, aus dem unter anderem das Weisse Haus in Washington oder der Reichstag in Berlin erbaut wurde. So merken wir kaum, dass wir immerhin 25 Kilometer bergauf und bergab gefahren sind, bevor wir wieder an Bord gehen und unser Mittagessen geniessen dürfen. Was Ante, der junge Koch da in seiner Mini-Küche zaubert, ist wirklich bemerkenswert. Stets ein ganzes Menü aus Suppe, Hauptspeise und Nachspeise – immer alles frisch, regional und sehr schmackhaft!

Da die Fahrt nach Korčula etwas länger dauert, ruhen sich die meisten ein wenig aus, besuchen Kapitän Stepe auf der Brücke oder geniessen einfach die Aussicht an Deck bis wir die Stadt Korčula auf der gleichnamigen Insel erreichen. Die bereits eingesetzte Dunkelheit in Verbindung mit Vollmond bereitet einen ganz besonderen Zauber über der hübschen Stadt. Erste Eindrücke machen Lust auf mehr und so freuen wir uns, das Städtchen in Kürze bei Tageslicht erobern zu dürfen.

Ante hat unterdessen frische Doraden gekauft und bereitet uns an Bord ein richtiges Festmahl, das durch Ivos dezente Aufmerksamkeit im Service gleich nochmal dazugewinnt. Es gibt Žlahtina aus Krk, einen leichten fruchtigen Weisswein und so wundert es nicht, dass der Abend noch lange andauert.

 

Morgens fahren wir nach Pomena auf der Insel Mljet und erkunden sie wieder per Pedelec.  Ein Teil der Insel mit ihren zwei Salzwasserseen und einem alten Kloster ist zum Naturschutzpark erklärt worden. Unser Ausflug ab Pomena führt an der Küste entlang vorbei an Olivenhainen und Granatapfelbäumen über einige Anstiege bis Blato und weiter nach Sobra.  Nach stolzen 32 Kilometern erwartet uns die Mirabela mit einem leckeren Mittagessen. Anschliessend heisst es Kurs auf Dubrovnik, wo wir am Nachmittag eintreffen. Was für eine Stadt! Seit 1979 zählt die Altstadt zum UNESCO Weltkulturerbe und ist ein einzigartiges Beispiel einer mittelalterlichen Stadt mit "Raumordnungsplan". Geschützt von einem Mauer-Bollwerk steht sie da, in unglaublicher Schönheit und birgt Schätze, die man sich unbedingt in einer Führung näher erläutern lassen sollte. Wer will, kann gegen Gebühr die Mauern zu einem Stadtrundgang erklimmen und bekommt dadurch nochmals eine ganz neue Perspektive. Zum Sonnenuntergang empfiehlt sich eine der Bars, die man durch kleine Portale zur Meerseite erreicht. Ein Sundowner dort wird unvergesslich bleiben. Am Abend ist es ein Highlight mit der Bahn hinauf zu fahren auf die Festungsanhöhe, wo neben dem hervorragenden Panoramarestaurant ein sagenhafter Ausblick über die ganze Stadt wartet.

 

Mit einer Dubrovnik-Umrundung am nächsten Morgen verabschiedet sich die MS Mirabela von der Perle der Adria und nimmt Fahrt auf die vorgelagerten Elafiten-Inseln. Šipan ist eine der 13 idyllischen Hirsch-Inseln (wie sie auch genannt werden), von denen nur drei bewohnt sind: Šipan, Lopud und Koločep. Ehemals dienten sie als Sommersitz der Aristokratie Dubrovniks, woran bis heute einige prachtvolle Villen erinnern. Von Šipanska Luka aus radeln wir heute nach Suđurađ und zurück. So kurz diese heutige Runde auch sein mag, so schön ist sie. Unsere 10 Km lange Strecke führt vorbei an Feldern mit Gemüseanbau, Olivenhainen, Weinbergen und einigen von insgesamt 34 Kirchen.  In Suđurađ, einem kleinen, beschaulichen Fischerort, erinnern zwei Fürstenpaläste an frühere Zeiten. Viele Ruinen erzählen im Vorüberfahren davon, dass es wohl hier früher sehr viel mehr Leben auf der Insel gab – aber letztlich ist es genau diese heutige Ruhe, die den Charme der Insel ausmacht. Im Hafen von Šipanska Luka zu liegen, heisst geschützt sein und abends in der tiefen Bucht einen ausgedehnten Spaziergang machen zu können oder ein Glas Wein in den hübschen Lokalen des Ortes geniessen zu dürfen.

 

Mit dem Schiff geht die Fahrt am 5. Tag nach Pelješac, einer relativ karg besiedelten Halbinsel. Vom Fährhafen Prapratno aus steht uns heute die Königstour mit 38 Kilometer Länge bevor. Zunächst radeln wir mit den Pedelecs nach Ston und Mali Ston, zwei Orte, die durch eine Mauer aus dem 14. Jahrhundert miteinander verbunden sind. Sie diente dem Schutz vor Übergriffen, denn hier befindet sich die grösste und älteste Saline des Mittelmeerraums.  Damals wurde ein Kilogramm Salz noch mit einem Kilogramm Gold aufgewogen!  Heute finden sich in Mali Ston ganz andere Schätze: der Ort ist bekannt für seine Muschel- und Austernzucht.  Natürlich wird hier auch probiert und zugleich Kraft getankt für die lange Strecke bis nach Trstenik. Während der erste Teil etwas eintönig entlang der Hauptstrasse (unvermeidbar) führt, werden wir im letzten Drittel mit einer Prachtroute entlang der Küste belohnt. Fast alle 5 Minuten ist ein Fotostopp Pflicht!

Nach Antes göttlichen Rindsrouladen schippern wir weiter mit dem Ziel Korčula. Davor gibt es aber noch einen Badestopp in einer türkisblauen Bucht. Das glasklare Wasser mit noch erstaunlich angenehmer Temperatur ermutigt manche von uns zu tollkühnen Sprüngen von Deck. Frisch gestylt spazieren wir wenig später durch die mittelalterliche Stadt Korčula, den wahren Geburtsort Marco Polos…zumindest wird uns ein Gebäude gezeigt, dass sein Geburtshaus gewesen sein soll. Wie zauberhaft diese kleine Stadt ist, bemerkt man, wenn man durch die vielen engen, stets in eine Richtung abfallenden Gassen flaniert und dabei viele spätgotische, sowie aus der Renaissance stammende Gebäude wahrnimmt. Abends speisen wir in der Konoba Adio Mare, deren äusserst netter Inhaber uns mit reichlich traditionellen Speisen versorgt: es gibt Fisch in allen Varianten und guten offenen Wein aus Glaskaraffen. Für unsere Crew bedeutet das, auch endlich einen freien Abend geniessen zu dürfen, denn auch zur Übernachtung bleiben wir im Hafen liegen.

 

Von hier starten wir morgens mit einer kurzen Radtour durch zunächst dichte Wälder, dann entlang der Küste zum Fischerort Račišće wo wir die Mirabela wieder besteigen und zur Insel Hvar übersetzen, jener Insel mit den angeblich meisten Sonnenstunden und dem mildesten Klima der Adria. Nachmittags radeln wir von der Hafenstadt Hvar auf unseren Pedelecs durch- leider schon abgeerntete –Lavendelfelder. Ab und zu trägt der Wind aber noch einen Hauch des zarten Lavendel-Dufts an unsere Nasen. Vorbei an Weinbergen führt der 21 Kilometer lange Weg nach Stari Grad, der ältesten Siedlung der Insel, die im 4. Jahrhundert vor Chr. von den Griechen gegründet wurde.  Bis heute zeugt eine kleine Ausgrabungsstätte davon. Gleich daneben ist eine kleine Kapelle aus dem 6. Jahrhundert, deren Mosaiken wir leider nicht sehen können, da die Kirche verschlossen ist.

Abends erwartet uns die Crew zum Captains-Dinner. Liebevoll sind die Gläser unter der Schiffsglocke so aufgereiht, dass sie einen Anker bilden, der Sekt ist gekühlt und wir prosten uns auf die erlebnisreiche Woche zu. In so einer Zeit wird man auf engem Raum fast zur Familie und beinahe möchte es uns etwas sentimental ums Herz werden, als wir auch noch ein kroatisches Ständchen gesungen bekommen. Einfach liebevoll und in ewiger Erinnerung!

 

Nach einem weiteren ausgezeichneten Frühstück legen wir von Stari Grad ab, um zur Insel Šolta zu schippern. In Stomorska steigen wir aufs Pedelec und fahren rund 19 Kilometer über die alten Dörfer Gornje, Srednje und Donje Selo nach Maslinica. "Maslina" heisst zu Deutsch Olivenbaum. Aus der Region um Maslinica kommt das angeblich beste Olivenöl Kroatiens. Und das wollen wir natürlich wissen und kehren bei der Olynthia-Ölmühle ein. Unsere Verkostung bestätigt: das Öl der Insel schmeckt einfach wunderbar fruchtig, „grün“ und ein bisschen pfeffrig – genau so, wie ein gutes Olivenöl schmecken muss.

Zurück am Ausgangspunkt schippern wir Richtung Trogir. In dieser spektakulären, von einer völlig intakten Stadtmauer umgebenen Weltkulturerbe-Stadt spazieren wir am späten Nachmittag bei einer Führung durch enge Gassen. Schöne Plätze, eine Kirche mit unglaublichen Reliefs um das Portal, aber auch die Erzählungen unseres Führers, der die Stadt und ihr Leben darin noch aus Kindertagen kennt, geben uns Eindrücke von einst und von heute. Etwas nachdenklich gehen wir an Bord und übernachten ein letztes Mal.

 

Abschied von der MS Mirabela – Abschied von einer uns sehr lieb gewordenen Crew und unserem Rad-Guide Dario, der sich immer um eine perfekte Organisation kümmerte. Abschied auch von Kroatien – vielleicht für manchen noch die Chance, vor dem Rückflug einen Stadtbummel durch Split und seinen Diokletian-Palast zu machen. Er allein ist eine Geschichte wert. Vielleicht bedeutet das ja auch Wiederkommen?

 

Text + Bilder: Adelheid Wanninger


Oktober 2015